Kassenärztlicher Hausarzt: traurig Wahres aus der (kranken-) Kasse

HausarztSie kommen als Kassenpatient zu ihrem Hausarzt, weil sie akut an einem grippalen Defekt erkrankt sind. Nebenbei haben sie noch die eine oder andere Frage, die sie loswerden möchten. Ihr Hausarzt ist jedoch ziemlich kurz angebunden, gibt ihnen ein paar Verhaltensregeln wie sie das Fieber in den Griff bekommen und schreibt sie für den Rest der Woche krank, fertig. Was so komplett unpersönlich, unfreundlich und abweisend aussieht, hat durchaus seinen triftigen Grund. Denn seinen Kassenpatienten gegenüber steht der Hausarzt unter ganz gewaltigen Zwängen! Vorgegeben haben diese Zwänge die kassenärztlichen Vereinigungen (KV), hier bei uns in Leipzig ist das die KV Sachsen. Dieser Zwang geht teilweise sogar soweit, dass es den behandelnden Ärzten und den Krankenkassen gegenüber den Patienten peinlich ist (aus Gründen des wechselseitigen Vertrauensverhältnisses), wie Kranke als Kassenpatient „behandelt“ werden.

Die Behandlungsmöglichkeiten eines Hausarztes in einer kassenärztlichen Praxis unterliegen strengen finanziellen Einschränkungen. Die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (Budgets) sind sowohl für die ärztliche Behandlung als auch für Medikamente bzw. Heilmittel (z. B. Physiotherapie) sehr knapp bemessen.

Folgende Richtgrößen gelten für Allgemeinärzte im Jahr 2016 für den Bereich der kassenärztlichen Vereinigung Sachsen

(Bruttowerte pro Versicherten/Quartal, Quelle: Beilage zu den KVS-Mitteilungen 1/2016)

0-15 Jahre 16-49 Jahre 50-64 Jahre Älter 65 J.
Medikamente inkl. Sprechstundenbedarf und Verbandmittel 20,12 € 28,77 € 77,29 € 137,87 €
Heilmittel (Physio- u. Ergotherapie, Podologie) 11,83 € 10,40 € 14,78 € 19,90 €
Überzieht der Hausarzt, wird er in Regress genommen

Wenn ein Arzt sein Gesamtbudget (bezogen auf die Gesamtzahl seiner Patienten, die in dem Quartal behandelt worden sind) überzieht, muss er die entstehenden Mehrkosten der Krankenkasse aus seiner eigenen Tasche bezahlen, beziehungsweise werden ihm diese Mehrkosten direkt von seinem Behandlungshonorar abgezogen (Regress). Der Arzt muss quasi das Versicherungsrisiko der Krankenkasse finanziell verantworten oder hat einfach Pech, wenn er viele kranke Patienten behandeln muss. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ihr Arzt ihnen so manchen Medikamenten- oder Massage-Wunsch verweigern muss (bei Strafe seines eigenen finanziellen Untergangs).

Das Behandlungshonorar eines allgemeinärztlichen Kassenarztes setzt sich aus einer altersabhängigen Quartalspauschale für jeden Patienten und ganz wenigen Einzelleistungen zusammen.
Egal wie häufig ein Patient den Arzt in einem Quartal konsultiert, bekommt ihr behandelnder Hausarzt folgende Grundpauschalen pro 3 Monate (Stand Quartal 3/2015)

Patientenalter in Jahren unter 5 5-19 19-55 55-76 älter 76
Quartalspauschale 24,00 € 15,50 € 15,80 € 24,10 € 30,70 €
Spricht der Hausarzt mit „halben“ Patienten?

Auch die Patientengespräche sind strengstens geregelt. Als Zeitvorgabe nennt die KV Sachsen dabei maximal zehn Minuten und erstattet dafür 9,39 €. Der Hausarzt kann jedoch nur bei der Hälfte seiner Patienten eine solche Gesprächspauschale ansetzen. Es ist aber auch nicht möglich, diesen Zeitansatz so zu legen, dass für jeden Patienten fünf Minuten zur Verfügung stehen. Denn die Pauschale kann nur ab zehn Minuten berechnet werden. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der Arzt zwar mit zwei Patienten jeweils fünf Minuten ein Patientengespräch führen kann, dann jedoch entscheiden muss, wem er die zusammengerechnete 10-Minuten-Pauschale berechnet und wer „leer“ ausgeht. Man könnte vermuten, dass solche Regelungen auf der Kabarettbühne entstanden sind.

Beispielhaft seien noch einige Einzelleistungsvergütungen aufgeführt (Kostenersatz für durchschnittliche Zeitdauer einschl. Auswertungsgespräch durch den Arzt):

  • Fahrrad-Ergometrie (darf nicht von einer medizinischen Angestellten allein durchgeführt werden, hier ist immer die Anwesenheit des Arztes zur Überwachung des Patienten zwingend vorgeschrieben), 40 Minuten, 16,81 €;
  • Sonografie Abdomen, 30 Minuten, 13,10 €;
  • Sonografie Schilddrüse, 20 Minuten, 7,30 €;
  • Lungenfunktionstest, 20 Minuten, 5,24 €;
  • 24-Stunden Blutdruckmessung, 30 Minuten, 6,67 €.

Zu beachten ist auch, dass bei diesen Leistungen nicht nur die Personalkosten zu bestreiten sind, sondern auch Materialkosten entstehen, die vom Arzt ebenfalls aus diesem jeweiligen Kostenersatz zu bestreiten sind.

Vergleichen Sie nun diese aktuellen Arzt-Preise mit den berechneten Beträgen auf ihrer letzten Rechnung eines Handwerkers oder ihrer Autowerkstatt. Ganz gleich, ob der Meister persönlich oder der Lehrling einen Ölwechsel macht: Sie bezahlen immer denselben Stundensatz (Arbeitswert) und das verbrauchte und verwendete Material wird extra berechnet…